Weg mit den Übungsplätzen für Motorradfahrer! (?)

von Andreas Hoeglauer

Eigentlich wollte ich ja an dieser Stelle in meinem ersten Beitrag für fahrschul.tv  von der neu entdeckten Autofahrerkrankheit berichten, aber dann stolperte ich hier auf dieser Seite über den Beitrag des geschätzten Kollegen Guido Karrasch zum Thema Motorradübungsplätze – und dazu muss ich einfach was sagen, äh, schreiben.

Ich verstehe nämlich die ganze Aufregung nicht. Ist doch ganz einfach: Keine Übungsplätze, keine Ausbildung. So einfach ist das! Macht uns Fahrlehrern das Leben doch viiiiiiel einfacher, oder? Ständig fliegen die Fahrschüler mit den Krads um, was uns Fahrlehrer dazu zwingt, in unserer Freizeit die kaputte Maschine in die Werkstatt zu bringen, Papierkram mit der Versicherung zu erledigen, anderen Fahrschülern die Stunden zu canceln, weil halt keine Ersatzmaschine zur Verfügung steht…

Und dann erst der ganze Stress auf dem Übungsplatz! Welcher Fahrlehrer kennt das nicht: Da stellt man in Seelenruhe seine Hütchen (nein, nicht fürs Glücksspiel, sondern für die Grundfahraufgaben) auf, und dann mäht ein mit seinem Smartphone beschäftigter Autofahrer alle wieder um  – Strike!

Oder der Fahrschüler nimmt Anlauf für die Gefahrenbremsung, muss diese auf Zuruf des Fahrlehrers allerdings wieder abbrechen, weil sich ein sportlich ambitionierter Verkehrsteilnehmer in dessen Windschatten versteckt hat und eine Vollbremsung zu einem kapitalen Auffahrunfall geführt hätte.

Und für die Fahrschüler ist es doch auch besser, wenn sie die Fahrerlaubnis für ein Kraftrad nicht mehr erwerben können – mal ehrlich, ist doch wirklich gefährlich, dieses Motorradfahren, oder?

Also, wozu die Aufregung?

Hm… einen Moment mal, war da nicht was? Okay, lassen wir den Sarkasmus mal kurz beiseite und gehen in uns.

Gilt das Motorradfahren nicht mehr als ultimativer Ausdruck motorisierter Freiheit?

Hat der Gesetzgeber nicht erst kürzlich dafür gesorgt, dass es vielen Menschen durch  jetzt wesentlich lockerere Vorschriften möglich ist, sich den Traum auf zwei Rädern zu erfüllen?

Warum erschwert man diesen interessierten und begeisterten Menschen durch ein mangelndes Angebot an Übungsplätzen die Erfüllung dieses Traums?

Jammern Gemeinden, Kommunen und Autofahrer nicht über die immer größer werdende Zahl von Autos in den Städten bei gleich bleibender Anzahl von Parkplätzen?

Könnte man nicht auf die Idee kommen, mehr Autofahrern einen Anreiz zu schaffen, sich auf ein motorisiertes Zweirad zu schwingen und durch den geringeren Platzbedarf eben dieses Zweirads für eine spürbare Entlastung der Parkplatzsituation in deutschen Großstädten zu sorgen?

Möchte Deutschland nicht mal ein größeres Starterfeld im internationalen Motorradrennsport stellen? Dazu würde jedoch gehören, dass man jungen Menschen das Motorrad schmackhaft macht (wie z.B. in Italien oder Spanien), und man nicht durch das Kappen an Übungsmöglichkeiten jeden Eifer gleich mal wieder im Keim erstickt!

Habe ich noch richtig im Ohr, dass man die Unfallzahlen auf deutschen Straßen noch signifikanter nach unten drücken möchte? Könnte ein erhöhtes Angebot von Fahrsicherheitstrainings auf dann aber bitte ausreichend vorhandenen Plätzen nicht entscheidend dazu beitragen?

Und zum Schluss: Gehören nicht auch namhafte Amts- und Entscheidungsträger zu der Spezies der Motorradfahrer?  Leute, sind wir nicht alle Brüder und Schwestern auf der Straße? Was bringt uns der obligatorische Biker-Gruß, wenn wir an entscheidender Stelle nicht füreinander da sind? Denkt dran: auch Eure Kids wollen vielleicht mal den Lappen fürs Krad erwerben…

So, genug gepredigt. Hoffentlich waren ein paar Denkanstöße mit dabei, die zu einem Nach- und Umdenken bei den Verantwortlichen führen – und das nicht erst zum neuen Jahrzehnt.

Und versprochen: Das nächste Mal berichte ich hier über die neue Autofahrerkrankheit – wenn nicht wieder was dazwischen kommt…

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Andreas Hoeglauer ist Fahrlehrer und Buchautor (SCHATTENPARKER, BORDSTEINRAMMER UND ANDERE FAHRSCHÜLER und VORSICHT, FAHRSCHÜLER! – erschienen im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag )

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